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AIdshilfe NRW: Mann-männliche Sexarbeit in NRW 2015/2016. Studie zur Lebenslage von male*Escorts in Dortmund, Essen, Düsseldorf und Köln, November 2016, URL: https://nachtfalke-ruhr.de/download/Endbericht-Studie-male-escort-NRW-2016.pdf

Einleitung

Bereits in den Jahren 20011 und 20082 wurden in Nordrhein-Westfalen Bedarfsanalysen zum Thema mann-männliche Prostitution durchgeführt. Erkenntnisse über die Lebensverhältnisse und soziodemografische Daten sowie über Wissen, Einstellungen und Verhalten (KAB-Survey) sollten dazu dienen, Präventionsangebote für diese Zielgruppe auszuweiten und bedarfsgerechter zu gestalten. An diesen beiden Studien orientiert sich die hier vorliegende Erhebung. Natürlich wurden Erhebungsinstrumente und –methoden weiterentwickelt und den heutigen Gegebenheiten angepasst und auch die Fragestellungen wurden erweitert. Auf eine mögliche Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit den Vorgängerstudien wurde aber geachtet. Ebenfalls einbezogen wurden die Ergebnisse des Projekts „Konzeptentwicklung für Wohn- und Arbeitsprojekte für männliche Sexarbeiter in NRW“ 3. Die hier vorliegenden Ergebnisse der Befragung von mann-männlichen Sexarbeitern in Köln, Essen, Düsseldorf und Dortmund sind in zwei Phasen erhoben worden. In der ersten Phase (2015) haben wir mit Hilfe eines Fragebogens, der eine Weiterentwicklung der Instrumente aus den Vorgängerstudien darstellt, Daten von male*Escorts erhoben. Die Daten wurden mit identischen Instrumenten zur Hälfte in direkter Befragung und zur Hälfte online erhoben. Insgesamt sind 125 Datensätze in die Auswertung eingegangen. In der zweiten Phase (2016) folgten 15 teilnarrative Befragungen von male*Escorts, Beobachtungen zu Schätzungen der Szenegrößen in den vier Projektstandorten sowie 19 Interviews mit Expert*innen aus Gesundheitsämtern und anderen Behörden sowie aus Fachberatungsstellen

Ruhne, Renate (2008): Körper unter Kontrolle : Prostitution als ’soziales Problem‘ der Geschlechterordnung, in: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2. Frankfurt am Main: Campus Verl., 2008. , S. 2520-2531.

„Prostitution ist ein aktuell öffentlich vielfach aufgegriffenes Phänomen des Sozialen, bei dem die Körperlichkeit des Menschen in besonderer Weise im Zentrum steht, und das bis in die heutige Zeit ein ausgesprochen strittiges Thema geblieben ist. Trotz grundsätzlicher Legalität und zunehmend thematisierter ‚Selbstverständlichkeit‘ stellt das prostitutive Geschehen bis heute gleichzeitig eine umstrittene, als ‚anormal‘ bzw. ‚amoralisch‘ geltende und weitgehend tabuisierte ‚Grauzone‘ urbanen Lebens dar, die stets einer besonderen sozialen Kontrolle unterliegt. Feld-spezifische Kontrollmaßnahmen, die nicht nur von Ordnungsbehörden, sondern auch von einer breiten Öffentlichkeit und sogar von Teilen des Feldes selbst für sinnvoll bis zwingend notwendig erachtet werden, zielen dabei insbesondere auf eine Ausgrenzung des prostitutiven Geschehens aus dem sonstigen städtischen Lebensalltag. Über die räumliche Trennung der Prostitution vor allem von familiären und kirchlichen Lebensbereichen soll ein ‚Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes‘ gewährleistet werden. Aufbauend u.a. auf eine Feldstudie in Frankfurt/ M. kann verdeutlicht werden, dass soziale Kontrollformen der Prostitution, die von städtischer Seite als Reaktion auf ein soziales Problem eingesetzt werden, gleichzeitig einen aktiven Faktor der spezifischen ‚Herstellung‘ des Phänomens darstellen und dabei eng verwoben sind mit der (Re)Produktion Körperorientierter sozialer Ordnungsmuster und insbesondere der Geschlechterordnung.“