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Archiv für den Monat Mai 2013

Ruhne, Renate (2008): Körper unter Kontrolle : Prostitution als ’soziales Problem‘ der Geschlechterordnung, in: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2. Frankfurt am Main: Campus Verl., 2008. , S. 2520-2531.

„Prostitution ist ein aktuell öffentlich vielfach aufgegriffenes Phänomen des Sozialen, bei dem die Körperlichkeit des Menschen in besonderer Weise im Zentrum steht, und das bis in die heutige Zeit ein ausgesprochen strittiges Thema geblieben ist. Trotz grundsätzlicher Legalität und zunehmend thematisierter ‚Selbstverständlichkeit‘ stellt das prostitutive Geschehen bis heute gleichzeitig eine umstrittene, als ‚anormal‘ bzw. ‚amoralisch‘ geltende und weitgehend tabuisierte ‚Grauzone‘ urbanen Lebens dar, die stets einer besonderen sozialen Kontrolle unterliegt. Feld-spezifische Kontrollmaßnahmen, die nicht nur von Ordnungsbehörden, sondern auch von einer breiten Öffentlichkeit und sogar von Teilen des Feldes selbst für sinnvoll bis zwingend notwendig erachtet werden, zielen dabei insbesondere auf eine Ausgrenzung des prostitutiven Geschehens aus dem sonstigen städtischen Lebensalltag. Über die räumliche Trennung der Prostitution vor allem von familiären und kirchlichen Lebensbereichen soll ein ‚Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes‘ gewährleistet werden. Aufbauend u.a. auf eine Feldstudie in Frankfurt/ M. kann verdeutlicht werden, dass soziale Kontrollformen der Prostitution, die von städtischer Seite als Reaktion auf ein soziales Problem eingesetzt werden, gleichzeitig einen aktiven Faktor der spezifischen ‚Herstellung‘ des Phänomens darstellen und dabei eng verwoben sind mit der (Re)Produktion Körperorientierter sozialer Ordnungsmuster und insbesondere der Geschlechterordnung.“

Martina Schuster: Kampf um Respekt. Eine ethnografische Studie über Sexarbeiterinnen. Tübinger Vereinigung für Volkskunde (Tübingen) 2003.

Als Prostituierte in unserer Gesellschaft zu leben, bedeutet zunächst soziale Verachtung, den Verlust von Selbstbestimmung und die Verletzung von Würde. Was oft unbeachtet bleibt, ist das Bemühen vieler Sexarbeiterinnen um Respekt und Anerkennung, ihr Kampf gegen traditionelle Moralvorstellungen und dür die Legitimität ihrer Lebensform. Die Autorin der vorliegenden Studie ging während ihrer Feldforschung bei der Selbsthilfe- und Beratungsstelle Kassandra und im Nürnberger Prostitutionsmilieu der Frage nach, wie die Handlungsbedingungen von Sexarbeiterinnen aussehen, und sie entdeckte Strategien, mit denen sich Prostituierte trotz ihrer Stigmatisierung Freiräume schaffen.

Rezensionen und Artikel:

Rezension auf socialnet.de

Prostitution professionell. Über die Sozialtechniken von Sexarbeiterinnen (M. Schuster)

zwangsprostitution, sexarbeit, menschenhandel. kampagnen zur WM 2006 (M. Schuster; A. Sülzle)

Grenz, Sabine (2007): (Un)heimliche Lust. Über den Konsum sexueller Dienstleistungen, Wiesbaden.
(Google Books)

In dieser kulturgeschichtlichen und empirischen Studie wird der Konsum sexueller Dienstleistungen von Männern untersucht. Im Vordergrund steht dabei die Bearbeitung grundlegender Fragen der Prostitutionsdebatte, zum Beispiel darüber, ob Prostitution einen Beitrag zur sexuellen Freiheit leistet.
Rezensionen:

 

Grenz, Sabine/Lücke, Martin, 2006, Verhandlungen im Zwielicht. Momente der Prostitution in Geschichte und Gegenwart, Bielefeld: Transcript.
(Auszug)

In diesem interdisziplinärem Band versammelt sich ein Teil der derzeitigen europäischen Forschung zur Prostitution. Diese Forschung bemüht sich nicht länger um die Erkundung sexueller Devianzen, vielmehr geht sie davon aus, dass Prostitution in die jeweilige Gesellschaft und Kultur eingebettet ist. In den Beiträgen wird deutlich, wie das historisch gewachsene und geschlechtlich kodierte Wissen über Sexualität, aber auch über Geld, Handel, Raum oder Visualität auf die Prostitution und ihre jeweiligen Repräsentationen einwirkt und durch sie reproduziert wird.

Artikel und Rezensionen über das Buch:

http://www.fr-online.de/literatur/wie-der-sex-kaeuflich-wurde,1472266,3145748.html

 

Maritza Le Breton: Sexarbeit als transnationale Zone der Prekarität. Migrierende Sexarbeiterinnen im Spannungsfeld von Gewalterfahrungen und Handlungsoptionen, Wiesbaden. (Auszug als PDF)

Migrierende Sexarbeiterinnen im Spannungsfeld von Gewalterfahrungen und Handlungsoptionen Sexarbeit ist ein facettenreiches, vielschichtiges und heterogenes Handlungs- und Wissensfeld, das zugleich von vielfältigen Ambivalenzen und moralischen Imperativen im Alltag und in der Wissenschaft durchzogen ist. Maritza Le Breton rekonstruiert anhand von Gesprächen mit migrierenden Sexarbeiterinnen aus verschiedenen Ländern das Spektrum von Machtkonstellationen und Gewaltverhältnissen, die deren Lebens- und Arbeitssituationen bedingen und zeichnet ihre Handlungsoptionen und -kapazitäten als soziale Akteurinnen im Kontext transnationaler Mobilität nach. Die Autorin stellt die Studie in den allgemeinen Kontext der Ungleichheits- und Mobilitätsforschung und leistet durch die Betrachtung der konkreten Lebenspraxis und Erfahrungszusammenhänge der Subjekte einen Beitrag zur Etablierung einer „Standpunktepistemologie der unterdrückten Wissensarten“ in der Sozialen Arbeit.

Eine ausführliche Rezension kann auf querelles-net.de gefunden werden. 

Udo Geheim (2012): Die Produktion des Freiers. Macht im Feld der Prostitution. Eine soziologische Studie, Bielefeld. (Leseprobe als PDF)

Warum kaufen Männer Sex? Dieser Frage nähert sich Udo Gerheim in einer gelungenen Synthese aus kritischer Wissenschaft und einer konsequent empirischen Analyse. In Anlehnung an Bourdieu zeichnet er die (Macht-)Strukturen des Prostitutionsfeldes nach und analysiert die soziale Praxis und die habituellen Muster der Freier.
Auf der Grundlage von 20 Interviews mit Freiern liegt erstmals eine bestechende soziologische Studie zu einem zentralen – aber bislang kaum beachteten – Aspekt der Produktion heterosexueller männlicher Normalität und des Begehrens im Kontext von käuflicher Sexualität vor.
Rezensionen und Artikel

Martina Löw, Renate Ruhne: Prostitution. Herstellungsweisen einer anderen Welt. Suhrkamp Verlag (Frankfurt/M) 2011. (Auszug als PDF)

Bahnhofsviertel, Straßenstrich, Sperrbezirk  hören wir das Wort »Prostitution«, denken wir auch in topographischen Kategorien. Das Feld ist insofern ein vorzüglicher Forschungsgegenstand der Raumsoziologie. Martina Löw und Renate Ruhne haben über Jahre hinweg das Frankfurter Bahnhofsviertel untersucht. In Interviews mit Prostituierten und Freiern, mit Anwohnern und Sozialarbeitern haben sie danach gefragt, welche Emotionen mit bestimmten Räumen verbunden sind und über welche subtilen sozialen Mechanismen das Gewerbe immer wieder neu als Feld des »Anderen«, des »Anormalen« konstruiert wird.

Pates, Rebecca (2012): Liberal Laws Juxtaposed with Rigid Control: an Analysis of the Logics of Governing Sex Work in Germany, in: Sexuality Research and Social Policy, Volume 9, Issue 3, pp 212-222.

Abstract

Three ways of governing sex work dominate the international debate: Prohibition, Non-Regulation, and Regulation. The German tradition has been long been regulatory. Sex work is permissible under certain conditions depending on the location (vicinity to schools and churches must be avoided), the registration (for taxation purposes), and the migratory status of the sex worker (illegal immigrants or tourists ought not to ply the streets). In addition, one has to be of a certain age, compos mentis, and engage in sex work using a certain amount of discretion. Otherwise, one moves into the realm of illegality. The regulatory measures traditionally aim at maintaining three public goods: public mores, public health, and public order. To these desiderata, the prostitution law of 2002 added a new public objective: labor rights for sex workers. The legislators’ intent was to remove stigma and improve working conditions. This law remains without much effect in practice. In this paper, I try to show why. First, the governments of the Länder refuse (or fail) to pass implementation guidelines. Second, the old logics of interference prevail at an institutional level. And third, individual administrators focus on paternalistic or punitive logics rather than on the guaranteeing of human rights.